Am 23.5.23 machten die 6. Klassen des Evangelischen Paul-Distelbarth-Gymnasiums einen Ausflug in die jüdische Synagoge und besuchten zudem den jüdischen Friedhof in Affaltrach.  

 

Die Synagoge in Affaltrach ist eine der wenigen Synagogen, die in Deutschland noch existieren und die alle Räume, die für das tägliche Leben einer jüdischen Gemeinde wichtig sind, vereint. Sie dient seit 1986 als Museum zur Geschichte der Juden in Stadt und Landkreis Heilbronn. 

Die Synagoge bestand einst aus einem Gebetsraum, der in eine Empore für Frauen und einen Bereich für Männer unterteilt ist, einem Schulzimmer, einem Raum für Sitzungen, ein rituelles Tauchbad und einer Lehrerwohnung mit kleiner Küche. Früher wurden die jüdischen Kinder in diesen Synagogen religiös unterrichtet, dafür brauchte es natürlich auch einen jüdischen Lehrer, der in der Synagoge wohnte.  

Bei unserem Besuch in der Synagoge erfuhren wir viel über die Geschichte dieses Ortes.  

Eigentlich wollten die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg alle Synagogen zerstören und niederbrennen lassen. Zu dieser Zeit gab es aufgrund der Judenverfolgung im Dritten Reich immer weniger Juden in Deutschland – so auch in Affaltrach. Schließlich gab es nur noch 14 Juden in Affaltrach, so dass man beschloss, dass man auch keinen jüdischen Lehrer mehr brauchte und so zog dieser aus der Synagoge aus und eine nicht jüdische Familie zog ein. Genau das war die Rettung der Synagoge, denn als die Nationalsozialisten dann vor der Synagoge standen, um sie niederzubrennen, merkten sie schnell, dass dort keine Juden mehr wohnten, weswegen die Synagoge nicht zerstört wurde und so erhalten blieb. Daher haben wir dort heute dieses interessante Museum. 

 

In einem jüdischen Gottesdienst sitzen Männer und Frauen getrennt voneinander, da die heilige Schrift der Juden, die Tora, deren Zusammensitzen verbietet. Sie folgen dem Gottesdienst, bei dem der Rabbi in einem Singsang aus der Tora vorliest, von unterschiedlichen Emporen aus. Männer müssen eine Kippa (das ist eine runde Kopfbedeckung) tragen, wenn sie die Synagoge betreten, was für die Frauen jedoch keine Pflicht ist, aber dennoch möglich. Die gleiche Regel gilt übrigens auch, wenn man einen jüdischen Friedhof betritt. 

Auch in der Affaltracher Synagoge saßen die Frauen während des Gottesdienstes von den Männern getrennt auf der Frauenempore. Im heutigen Museum konnten wir an diesem Ort Bilder von den Menschen sehen, die dort einmal gesessen und gebetet hatten. Das war für viele von uns bedrückend, da wir wussten, welch schlimmes Schicksal diese Männer und Frauen im Dritten Reich erleiden mussten. 

 

Während unseres Besuchs konnten wir durch die Zimmer der Synagoge gehen und erfuhren viel über diese Orte. So standen wir auch im Schulzimmer, wo früher die jüdischen Kinder unterrichtet und religiös erzogen wurden. Es war nicht wie bei uns heutzutage, denn in den Klassen saßen Kinder und Erwachsene zusammen und erhielten gemeinsam Religionsunterricht.  

In der Küche des Synagogenlehrers durfte nur koscheres Essen gekocht und gegessen werden, denn so schreibt es die Tora vor. Koscheres Essen bedeutet beispielsweise, dass Juden keine Fleischprodukte mit Milchprodukten zusammen essen dürfen. Bei unserer Führung durch die Synagoge erfuhren wir, dass strenggläubige Juden sogar mitunter zwei unterschiedliche Spülmaschinen für beide Produkte haben, so dass die Teller, auf denen zum Beispiel Käse drauf lag, in der Spülmaschine nicht mit Tellern, auf denen zuvor Fleisch lag, in Berührung kommen. Das gilt auch für Besteck. Und viele strenggläubige Juden haben auch zwei unterschiedliche Kühlschränke – doch die meisten trennen Fleisch- und Milchprodukte einfach durch unterschiedliche Fächer. Juden dürfen aber kein Schweinefleisch essen und kein Blut zu sich nehmen. In der Affaltracher Küche konnten die Klassen bei ihrem Besuch sehen, wie hier vor der Vertreibung der Juden im Jahr 1938 gekocht und mit welchen Utensilien gearbeitet wurde. Schließlich durften wir am Ende unseres Durchgangs auch selbst koscheres Brot probieren. 

 

Anschließend lernten wir die Mikwe kennen. Eine Mikwe ist ein rituelles Bad, das religiösen Zwecken dient. Hier mussten Juden sich reinigen, wenn zum Beispiel Frauen ein Kind bekamen oder auch wenn man etwas (laut der Tora) Verbotenes getan hatte und vor dem Gottesdienst. Um sich rituell zu reinigen, musste man dreimal untertauchen und konnte sich so beispielsweise von seinen Sünden befreien. Daher wird die Mikwe auch als Tauchbad bezeichnet. Wir erfuhren bei unserem Besuch jedoch, dass selbst sehr gläubige Menschen diese Reinigung oft nicht wollten, da das Wasser wohl ziemlich kalt gewesen sein musste. 

 

Nach der Besichtigung der Innenräume besuchten wir noch den jüdischen Friedhof.   

Wie zuvor erwähnt, mussten Männer auf dem Friedhof eine Kippa tragen, Frauen konnten das selbst entscheiden. So machten wir Sechstklässler es ebenfalls:  die Jungs bekamen alle Kippas und die Mädchen durften wählen, ob sie diese kreisförmige Kopfbedeckung auf ihren Hinterkopf setzen wollten. Auf dem Friedhof lernten wir, dass die Juden statt Blumen Steine als Zeichen ihrer Trauer aufs Grab legen.  

Normalerweise werden Juden nach ihrem Tod in schlichte Leinentücher gewickelt und dann begraben, denn in der Tora steht, dass der Körper eines Menschen wieder zu Erde werden soll. Vor dem Begräbnis muss der Leichnam in der Mikwe gewaschen werden. 

 

Die Grabsteine in Affaltrach hatten alle eine sehr ähnliche Form, die einer alten Schrifttafel ähnelte. Wir erfuhren, dass – zumindest in Deutschland – auf den Grabsteinen der Juden vorne einen Text über den Menschen auf Deutsch und hinten auf Hebräisch steht. Auf dem Friedhof sahen wir auch Kindergräber. Diese waren genauso wie die andere, nur dass sie kleiner waren. 

Jüdische Gräber sind für die Ewigkeit und dürfen nicht mehr geöffnet werden, um beispielsweise einen anderen Toten dazuzulegen. Denn Juden glauben, dass wenn der Messias auf die Erde kommt, er dann alle Toten zum Leben erwecken wird, aber nur wenn das Grab noch geschlossen ist. Während Christen Jesus als Messias verehren, glauben Juden, dass der Messias, der Gesalbte und Erlöser also, nicht Jesus war, sondern noch kommen wird.  

So haben wir bei diesem Ausflug sehr viel Neues erfahren und durften es an einem historischen Ort hautnah erleben. 

Den allermeisten von uns hat die Synagoge mit den Innenräumen, die nach der Restaurierung von 1986 genau so eingerichtet sind, wie vor der Vertreibung der Juden unter den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren, sehr gut gefallen. Ein besonderes Highlight war das Hörbuch, das wir Schülerzimmer/ Klassenraum anhören konnten und Schüler unserer Schule aufgenommen haben. Vielen hat aber auch gefallen, wie einsam und verlassen der jüdische Friedhof war und fanden die Gräber sehr interessant. 

Von dem Ausflug waren beide Klassen sehr begeistert und fanden auch die Führungen durch die Synagoge und über den jüdischen Friedhof sehr spannend und lehrreich. Besonders toll war, dass man so viel selbst machen und ausprobieren konnte. Deshalb möchten wir uns bedanken, dass wir die Synagoge Affaltrach besuchen durften und dort so herzlich empfangen und bewirtet wurden. Dankeschön!

Und wer die Synagoge noch nicht selbst besucht hat, sollte das unbedingt einmal nachholen! 

 

Marie Kurtze, 6b